März 22, 2021

Füllwörter brauchen wir jeden Tag. In Ihren Texten sollten Sie sie trotzdem bis aufs Blut bekämpfen. Hier steht, warum und wie.

Sind wir uns einig, dass Füllwörter wie "richtiggehend", "quasi" oder "schlichtweg" in den allermeisten Sätzen so überflüssig sind wie die AfD im Bundestag?

Dann stellt sich aber doch die Frage, warum es in unserer Sprache geradezu vor Füllwörtern wimmelt. Focus online zählt in einer Liste von typischen Füllwörtern über hundert Beispiele auf!

Als ich an der Universität Konstanz Verwaltungswissenschaft studierte, sind mir ein paar dieser Schaumschläger-Wörtchen sehr ans Herz gewachsen. Denn mit Hilfe von Wörtern wie "dementsprechend", "dabei" oder "in diesem Zusammenhang" lassen sich inhaltliche Schwachstellen in Texten prima kaschieren.

Wie ich aus meiner Tätigkeit als Dozent an der Hochschule Karlsruhe weiß, würde sich auch die aktuelle Generation der Studierenden ohne Füllwörter viel schwerer tun, auf die für ihre wissenschaftlichen Texte erforderliche Seitenzahl zu kommen.

Aber kann das der Grund dafür sein, dass die deutsche Sprache Wörter wie "nichtsdestoweniger" hervorgebracht hat? Damit wir damit inhaltsleere akademische Abhandlungen aufpumpen können?

Wozu Füllwörter gut sind – und wann sie nerven

Natürlich nicht! Die Funktion der Füllwörter ist eine andere. Wir brauchen sie in der gesprochenen Sprache. In Gesprächen oder beim freien Vortrag verschaffen uns Füllwörter Luft. Dank der vielen nichtssagenden Worte, können wir reden, ohne etwas zu sagen zu müssen. Das entspannt unser Gehirn.

Indem wir in unsere Rede ab und zu ein "irgendwie" einflechten oder ein "ohne weiteres" oder ein "voll und ganz", geben wir uns Zeit. Zeit, darüber nachzudenken, was wir als nächstes sagen könnten.

Mark Twain

"Schreiben ist einfach. Man muss nur die falschen Wörter weglassen."

So gesehen sind Füllwörter ein Segen. Ohne Sie gerieten wir in den meisten alltäglichen Gesprächen schnell ins Stocken. Ganz zu schweigen von all den oft wenig informativen, dafür jedoch unterhaltsamen Fernsehinterviews mit Politikern, Sportlern oder anderen mehr oder weniger Prominenten.

Ohne Wörter, die nichts sagen, sind Talk-Runden wie "Hart aber fair" oder O-Töne von verschwitzten Fußballern unmittelbar nach Spielende kaum vorstellbar. 

Um es noch einmal klar zu sagen: Wir brauchen Füllwörter. Jeden Tag. Zum Reden.

Aber spätestens, wenn jemand seine Rede vom Blatt liest, hört der Spaß auf. Wenn uns Vorlesende mit Füllwörtern quälen, sollten wir sie vom Podium zerren!

Hatten sie nicht genug Zeit, beim Verfassen ihrer Rede darüber nachzudenken, was sie uns vermitteln wollen? Heiße Luft vorzulesen, ist eine Unverschämtheit.

Formulierungen wie "...in diesem Zusammenhang möchte ich es nicht versäumen, einmal mehr darauf hinzuweisen, dass..." sollte niemand ungestraft vorlesen dürfen.

In Texten, die fürs Lesen bestimmt sind, haben Füllwörter nichts verloren

Zur Zumutung werden Füllwörter in Texten, die dafür bestimmt sind, gelesen zu werden. So wie dieser hier. Bis hierhin enthält er kaum Füllwörter.

Das wiederum lässt sich nur allzu leicht ändern. Um richtiggehend nachzuweisen, wie störend sich jene sinnfreien Wörter zuweilen auswirken, wollen wir es auch hier an dieser Steller nicht unterlassen, ein paar davon gleichsam zufällig über diesen Text zu streuen.

Praktisch irgendwie um des schlechten Beispiels willen.

Denn vielfach reicht es wiederum völlig, ein paar solcher Wörter in einen sozusagen voll und ganz überfrachteten Beispieltext zu pressen.

Sie, liebe Leserin, lieber Leser, werden dann doch wirklich gewissermaßen mit der Nase darauf gestoßen, dass Füllwörter in den meisten Texten samt und sonders weitgehend unnötig sind. Jedenfalls dann, wenn es Ihnen darum geht, eine klare Aussage zu treffen.

Streichen Sie Füllwörter erst am Ende Ihrer Arbeit am Text

Der beste Zeitpunkt, Füllwörter zu streichen ist übrigens NICHT während Sie schreiben. Sondern hinterher.

Sonst fallen Sie sich beim Schreiben ständig selbst ins Wort. Wenn Sie jedes Wort schon beim Schreiben behandeln wie ein rohes Ei, werden sie ewig brauchen, bis sie eine Rohfassung Ihres Textes zustande kriegen.

Lassen Sie's fließen: Schreiben Sie so, wie sie reden würden! Und ignorieren Sie so lange die Löschtaste. Die Amerikaner sagen: "Write a shitty first draft!"

Erst anschließend, im Feinschliff, tilgen Sie all die Worthülsen, die Ihr Publikum nicht braucht.

5 Arten von Füllwörtern, die keine Funktion im Satz erfüllen

  • Hilfsverben können blähen Sätze unnötig aufblähen.
  • Adjektive und Adverbien gehören zu den unnötigen Füllwörtern, wenn das Wort, dass sie näher beschreiben diese Beschreibung nicht nötig hat: die seltene Rarität, die steile Felswand, das entsprechende Pendant etc.
  • Überflüssige Konjunktionen schaffen sprachliche Verbindungen, wo eigentlich keine nötig sind. Typische überflüssige Konjunktionen sind dabei Wörter wie aber, auch, nun, dann, doch, wohl, allerdings, eigentlich, ganz, halt, einfach etc.
  • Unnötige Vorsilben sind zwar keine Wörter. Trotzdem gehören sie in diese Liste. Denn Sie sind überflüssig wie ein Kropf: Die Anzahl der Arbeitslosen steigt an und mit ihr die Unkosten der Arbeitsverwaltung. Kein Wunder, dass Fachexperten  Reformen einfordern, um Geld einzusparen.
  • Heiße Luft verbreiten Sie in Formulierung wie "Mit diesem Schreiben möchten wir uns bei Ihnen bedanken." Schreiben Sie einfach: Danke!

Wenn Sie sich nicht sicher sind, ob sie ein Wort streichen sollten, lassen Sie sich von Künstlicher Intelligenz helfen! Deepl zum Beispiel ist ein effektives Werkzeug zur Vermeidung von Füllwörtern in der deutschen Sprache. 

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