KI liefert Texte auf Knopfdruck. Doch die meisten taugen nichts. Was sie beachten müssen, um mit ChatGPT schnell und lesenswert zu schreiben.
Schreiben mit ChatGPT dürfen alle und immer mehr tun es. Aktuell (Stand Februar 2024) verzeichnet das US-Softwareunternehmen OpenAI über eine Milliarde Nutzungen für ihren ChatBot pro Monat. Tendenz steigend.
Genau damit fangen die Probleme an: Dass inzwischen hunderte von Millionen Menschen große Sprach-Modelle wie ChatGPT regelmäßig als Ghostwriter missbrauchen, lässt die Flut langweiliger, austauschbarer, inhaltlich falscher oder gar bewusst gefakter Texte exponentiell steigen.
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Mehr InformationenAndererseits kann Ihnen künstliche Intelligenz (KI) beim Schreiben tatsächlich Flügel verleihen. Wenn Sie ChatGPT und ähnliche ChatBots richtig und verantwortungsvoll nutzen, werden Sie in weniger Zeit mehr Texte produzieren.
Damit die Qualität dabei nicht leidet, müssen Sie aber erstens auch ohne die Fähigkeiten von ChatGPT schreiben können. Und zweitens muss Ihnen bewusst sein, dass und warum künstliche Intelligenz beim Schreiben an Grenzen stößt.
Eine Stradivari macht aus mir keinen Star-Geiger, und ChatGPT aus Ahnungslosen keine Edelfedern.
Ohne Ihre Expertise, Ihren Witz und Ihre Empathie bleibt ChatGPT fürs Schreiben wertlos. Um zu verstehen, warum ChatGPT menschliche Texter (bisher) nicht ersetzen kann, hilft es zu wissen, wie die KI funktioniert.
ChatGPT ist eine künstliche Intelligenz, mit der jeder alphabetisierte Mensch mit Zugang zum Internet chatten (sich unterhalten) kann, um Texte aller Art zu generieren und zu bearbeiten.
"Pretrained" bedeutet, dass ChatGPT trainiert wurde. Damit es Ihnen und mir bei der Arbeit an Text helfen kann, musste es vorher eine Art Ausbildung durchlaufen. Gelernt hat es dabei von einer riesigen Menge an Text: Artikel aus dem Internet, Zeitungen, Zeitschriften, Bücher und alle möglichen anderen Textmaterialien. Die jüngsten dieser Texte stammen aus dem September 2021.
Auf Grundlage der Informationen und Muster, die ChatGPT in diesen Trainingstexten identifiziert, formuliert es seine Antworten.
Genau das ist der Haken: Die KI hat nicht von besonders guten Texten gelernt, sondern von allen möglichen. Von interessanten genauso wie von langweiligen, von glasklaren wie von kryptischen, von wahren wie von falschen. Und keinesfalls von aktuellen. Deshalb liefert ChatGPT ohne menschliche Hilfe höchstens durchschnittliche Texte.
So gesehen, führt es in die Irre, ChatGPT intelligent zu nennen. Auch wenn es sich beim Chatten so anfühlt: Ihr virtuelles Gegenüber denkt weder, noch fühlt es.
Was die KI Ihnen antwortet, hat sie aus von Menschen erdachten Texten, die weder inhaltlich, noch stilistisch oder ethisch besonders hochwertig sein müssen. Behalten Sie das immer im Hinterkopf!
Wenn Sie sich dieser Beschränkungen bewusst sind, spricht nichts gegen die Verwendung von ChatGPT – im Gegenteil
- Die KI kann Ihnen lästige Routinearbeiten wie die Rechtschreib- und Grammatikprüfung für Ihre Texte abnehmen.
- Künstliche Intelligenz erstellt grobe Gliederungen und Entwürfe für Ihre Texte in Lichtgeschwindigkeit.
- ChatGPT und andere KI-Modelle können die Angst vor dem leeren Blatt verkleinern und vielleicht sogar ganz verschwinden lassen. Adé Schreibblockade!
- KI beschleunigt die Recherche, zum Beispiel indem sie Ihnen hilft, Quelltexte auszuwerten oder Beispiele für Ihr Thema zu finden.
- Auf neue Ideen für Titel und Teaser kommen Sie mit ChatGPT oft schneller als ohne.
- GPTs können helfen, Texte fürs Web für bestimmte Suchintentionen und Suchbegriffe zu optimieren.
- KI vereinfacht unnötig komplizierte Formulierungen auf Knopfdruck.
- Mit ChatGPT lassen sich bestehende Texte schnell und einfach für andere Zielgruppen und Plattformen anpassen.
- FAQs, Glossars und andere Hilfstexte produziert die KI zuverlässig und höchst effizient.
Diese und weitere Vorteile der künstlicher Intelligenz sind unbestritten. Aber verantwortlich für die Qualität Ihrer Texte sind und bleiben Sie allein!
3 Qualitätskriterien sollte jeder Ihrer Texte erfüllen - ChatGPT steht dem manchmal im Weg
1. Ein guter Sachtext ist wahr: Alle Zahlen, Daten und Fakten darin stimmen.
2. Ein guter Sachtext ist für seine Zielgruppe von A - Z interessant. Dafür muss er Ihren Leserinnen und Lesern Informationen liefern, die sie noch nicht haben und brauchen können.
3. Ein guter Sachtext ist für jedes Mitglied seiner Zielgruppe mühelos zu verstehen.
7 Gebote für das Schreiben mit ChatGPT
Damit Ihnen ChatGPT beim Streben nach diesen Kriterien nicht im Weg steht, sollten Sie folgende sieben Grundsätze beherzigen.
1. Misstraue der KI!
Nutzen Sie ChatGPT als Startpunkt und zur Inspiration, aber niemals als alleinige Quelle für Zahlen, Daten und Fakten.
Ein Fakten-Check ist für Texte, die Sie mit Hilfe künstlicher Intelligenz produzieren mindestens so wichtig, wie für jeden anderen Text. Ein Beispiel:
Dieser Ausschnitt aus einem Chat mit ChatGPT zeigt, wie wenig man sich auf die Antworten der KI verlassen kann: Im Endspiel der Handball-EM 2024 standen sich Frankreich und Dänemark gegenüber. Die Franzosen gewannen mit 33:31. Deutschland verlor das Spiel um Platz 3 gegen Schweden.
ChatGPT weiß nichts über die Handball-EM 2024, weil es mit Texten trainiert wurde, von denen die jüngsten aus dem Jahr 2022 stammen.
Gefährlich ist, dass die KI lieber lügt als zu ihrer Unwissenheit zu stehen! Lesen Sie dazu unbedingt Gebot Nummer 4 "Du sollst den Bot nicht überfordern"!
ChatGPT neigt immer wieder auch zu unsauberer Sprache
Neben der Verwendung veralteter und falscher Informationen neigt ChatGPT mitunter auch zu schrägen Formulierungen. Etwa, wenn es über einen Hafen in Portugal schreibt, dass die Schiffe dort vor Anker lägen. Das tun sie nicht: Im Hafen sind die Anker gelichtet. Auf solche Feinheiten müssen Sie achten! Sonst wird Ihr Text unfreiwillig komisch.
2. Sei so konkret und präzise wie möglich!
Formulieren Sie Anfragen (Prompts) an ChatGPT so genau und detailliert wie möglich und in einfacher, ganz natürlicher Sprache.
Machen Sie den Kontext Ihrer Anfrage klar. Je eindeutiger sie sich dabei ausdrücken, desto wahrscheinlicher liefert sie brauchbare Antworten.
Wenn Sie ChatGPT bitten, Ihnen „Tipps für besseres Schreiben“ zu geben, wird die Antwort sehr allgemein ausfallen. Wollen Sie mit Hilfe dieser Tipps ein Liebesgedicht schreiben, ein Protokoll oder eine Reportage? Für welche Textsorte und welches konkrete Schreib-Problem erhoffen sie sich Tipps? ChatGPT kann keine Gedanken lesen. Sie müssen ihren Prompt also möglichst präzise formulieren. Vielleicht so:
Durch die genaue Formulierung Ihrer Anfrage kann die KI gezieltere Vorschläge generieren, die besser auf Ihr konkretes Schreibprojekt zugeschnitten sind.
3. Liebe deine Leser wie dich selbst!
Ohne Ihre Hilfe wählt die KI die wahrscheinlichsten Formulierungen, nicht die treffendsten oder originellsten. Den Text für Ihr Publikum interessant zu gestalten, ist und bleibt Ihre Aufgabe.
In einem von ChatGPT generierten Text über Stress steht: "Stress kann durch
verschiedene Techniken wie Meditation, regelmäßige Bewegung und ausgewogene Ernährung bewältigt werden.“
Das ist zwar nicht falsch, aber keineswegs neu und deshalb bohrend langweilig.
Interessanter wird es, wenn wir die gleiche Aussage mit konkreten, womöglich promienten Beispielen würzen:
„Heike Makatsch entspannt bei Yoga und Tai Chi, Markus Lanz joggt und Matt Damon kocht regelmäßig für Freunde – Es gibt viele Möglichkeiten, Stress zu bewältigen. …!
Auf solche Ideen kommt Ihr neuer Textassistent aber nicht von allein. Sie müssen ihm auf die Sprünge helfen.
Mit diesem Prompt etwa:
„Ich möchte anhand prominenter Beispiele zeigen, dass jeder Mensch seine eigenen Strategien zur Stressbewältigung entwickeln kann. Kennst du Prominente, die über Ihre Methoden der Stressbewältigung öffentlich gesprochen haben? Bitte nenne jeweils die Quelle für diese Informationen!“
Überarbeiten Sie jeden Satz, den ChatGPT liefert, nach allen Regeln der Schreibkunst!
4. Du sollst den Bot nicht überfordern!
Nutzen Sie ChatGPT nur für Aufgaben, die es bewältigen kann. Sonst neigt die KI zur Dampfplauderei.
Sie würden ChatGPT beispielsweise überfordern, wenn Sie es bäten, eine hochspezialisierte wissenschaftliche Arbeit zu verfassen.
Zwar hat Ihr virtueller Schreibassistent eine umfassende Allgemeinbildung genossen. Doch je spezieller Ihr Thema ist, desto weniger Fachkompetenz kann er beisteuern.
Wenn Sie Chat-GPT überfordern, simuliert es Kompetenz – nicht anders als Sie das von menschlichen Dampfplauderern gewohnt sind.
KI-Systeme, die mit großen Datenmengen trainiert werden, neigen dazu, ihre Fähigkeiten zu überschätzen. Lieber präsentieren sie falsche oder irreführende Ergebnisse als (sich selbst und anderen gegenüber) zuzugeben, dass sie keine Ahnung haben.
John Kleinberg
Informatik-Professor an der Cornell University
Sendhil Mullainathan
Professor für Ökonomie, Havard
«Eines Tages werden wir uns vielleicht über eine allmächtige maschinelle Intelligenz Sorgen machen müssen. Aber zuerst müssen wir uns Sorgen darüber machen, Maschinen die Verantwortung für Entscheidungen zu übertragen, für die ihnen die Intelligenz fehlt.»
Fachleute nennen dieses Phänomen beim Menschen den Dunning-Kruger-Effekt. OpenAI arbeitet nach eigener Aussage dran, ChatGPT von dieser vermeintlich typisch menschlichen Schwäche zu befreien.
Neben tiefem Spezialwissen geht ChatGPT auch jede Form von Empathie und Weltwissen ab.
Der Bot hat nie etwas erlebt oder gefühlt. Deshalb wäre ChatGPT etwa auch mit der Bitte überfordert, einen persönlichen Brief an Ihre beste Freundin zu schreiben. Die KI wird Ihnen einen Text liefern. Aber, wenn Sie bei Trost sind, schicken Sie ihn nicht ab. Ist klar, oder? Keine KI der Welt kann Ihr Einfühlungsvermögen, Ihren Humor und die Erfahrungen ersetzen, die sie mit Ihrer besten Freundin teilen.
5. Hilfreich sei dein Text, edel und gut!
Verwenden Sie künstliche Intelligenz verantwortungsvoll. Dazu gehört neben der Wahrung des Urheberrechts, alle Antworten von ChatGPT auch moralisch zu hinterfragen und Vorurteilen keine Chance zu geben.
Wenn Sie sich beim Schreiben von ChatGPT helfen lassen, kann es passieren, dass Ihnen die KI aufgrund ihrer Trainingsdaten Formulierungen unterjubelt, die bestimmte Gruppen oder Personen diskriminieren oder vorverurteilen.
Spätestens jetzt wissen Sie das und können es vermeiden.
Stellen Sie sicher, dass Ihr Text niemanden verletzt oder in einem falschen Licht darstellt!
Achten Sie auch darauf, dass Sie mit von ChatGPT generierten Texten, kein Urheberrecht verletzen! Mit DupliChecker und anderen kostenlosen Tools zur Plagiatsprüfung finden Sie heraus, ob Ihr Text frei von Plagiaten ist.
Wenn Sie mit KI generierte Texte für wissenschaftliche oder kommerzielle Zwecke verwenden, empfiehlt sich im Zweifel eine juristische Beratung.
6. Du sollt nicht aufhören, mit KI zu experimentieren!
Was ChatGPT heute nicht hinkriegt, wird es morgen vielleicht können. Bleiben Sie also am Ball: Experimentieren Sie mit der KI und entwickeln Sie so Ihre Fähigkeit, effektive Prompts zu erstellen, stetig weiter.
ChatGPT lernt rasend schnell. Dieser Speed überrascht selbst Experten immer wieder. Sam Altman ist Chef und Mitgründer von OpenAI. In einem Interview für das Magazins „Wired“ (Ausgabe 12/2023) sagte Altman: „Die Geschwindigkeit, in der ChatGPT gelernt hat, ist ein Meilenstein in der Entwicklung der künstlichen Intelligenz. Es zeigt, dass wir uns auf noch viel größere Fortschritte in den nächsten Jahren freuen können."
Die künstliche Intelligenz wird bleiben. Auf gute Zusammenarbeit!
Für Sie und mich heißt das, das wir uns unser ganzes Schreiberleben lang mit textgenerierenden KI-Modellen beschäftigen sollten. Vielleicht geht OpenAI irgendwann pleite. KI-Modelle wird es geben, so lange Sie schreiben. Und sie werden immer besser.
Für mich ist die Arbeit mit ChatGPT und anderen KI-Modellen ein Abenteuer: Mit jedem Prompt entdecke ich neue Möglichkeiten, lerne dazu. Es fühlt sich an, als würden ich und mein unsichtbarer Assistent uns jeden Tag ein bisschen besser kennenlernen. (Außerdem mag ich es, einen Schreibknecht für die Drecksarbeit zu haben. :-))
7. Lass dir von KI helfen, jetzt und immerdar!
Integrieren Sie ChatCPT sinnvoll in Ihren Schreibprozess. Je schneller Sie herausfinden, wo und wie künstliche Intelligenz Ihre Textarbeit effizienter macht, desto schneller steigern Sie Ihre Schreibeffizienz und womöglich sogar die Qualität Ihrer Texte.
Jetzt ist es an Ihnen, die Aufgaben zu identifizieren, bei denen die KI Ihnen tatsächlich Zeit sparen und die Qualität Ihrer Arbeit verbessern kann.
Eine Kundin von mir nutzte ChatGPT beispielsweise, um sich noch besser in Ihre Zielgruppen hineinzuversetzen. Sie ist Hobby-Sommelière und schreibt unter anderem über Wein. Als sie von einer Fachzeitschrift für den Weinhandel gebeten wurde, einen Text über aktuelle Herausforderungen der Weinlogistik zu liefern, war sie froh auf ChatGPT zurückgreifen zu können.
Meine Kundin weiß, welcher Wein wo wächst und zu welchen Speisen er passt. Doch woher soll eine Sommelière wissen, was Weinhändler daran interessiert, wie ihre Ware transportiert wird?
Genau das fragte sie Chat GPT. So etwa:
Wie Sie spätestens aus diesem Artikel wissen, liefert ChatGPT auf solche Fragen keine Antworten, die zu hundert Prozent verlässlich und verwertbar sind. Aber mit den Informationen der künstlichen Intelligenz ist ein Anfang gemacht, eine erste grobe Recherche, die zumindest eine Idee davon vermittelt, in welche Richtung der Text gehen könnte.
Mit diesen Informationen im Kopf rief meine Kundin ihren Ansprechpartner in der Fachredaktion des Weinmagazins an. Der zeigte sich beeindruckt davon, wie weit ihre Vorrecherche bereits gediehen war. Gemeinsam entschieden sie, welche Aspekte der Weinlogistik sie vertiefen sollte.
Wofür nutzen Sie ChatGPT? Schreibens Sie’s unten in die Kommentare!
Auch bei der weiteren Recherche lies sie sich von ChatGPT helfen. In einem Brainstorming mit dem ChatBot sammelte sie Fragen, die sie dem Geschäftsführer einer Spedition stellen würde, der sich auf den Import spanischer Weine spezialisiert ist.
Das waren nur zwei kleine Beispiele, dafür wie ChatGPT die Arbeit von Schreibenden bereichert und beschleunigt. Die KI kann auf allen Etappen der Textproduktion von Nutzen sein von der Themenfindung über die Recherche, die Gliederung bis hin zum sprachlichen Feinschliff.