Cartoon-Figur Olivia beim Schreiben. Neben ihr ein Tintenfass mit Totenkopf und der Aufschrift "Klischee"
Schreibtipps

Klischees sind Gift für Ihre Texte!

Klischees töten das Interesse Ihres Publikums an Ihrem Thema und verfälschen oft die Realität. Drei Wege, Stereotypen und Vorurteilen zu entrinnen. 

Der kenianische Journalist und Schriftsteller Binyavanga Wainaina hat eine ironische Anleitung für Autorinnen und Autoren verfasst, die über Afrika schreiben wollen.

Darin rät er:

„Behandeln Sie Afrika in Ihrem Text, als wäre es ein einziges Land! Es sollte heiß und staubig sein mit wogenden Weiden, riesigen Tierherden und großen, dürren Menschen, die Hunger leiden.

Oder heiß und schwül mit sehr kleinen Menschen, die Affen essen.

Verzetteln Sie sich nicht in detaillierten Beschreibungen.

Afrika ist groß: 54 Länder und 900 Millionen Menschen, die viel zu sehr damit beschäftigt sind, zu hungern, zu sterben, zu kämpfen und auszuwandern, als dass sie Zeit hätten, Ihr Buch zu lesen.“


Wainaina beschreibt das Klischee von Afrika, so wie er es in vielen Texten und Filmen fand.

Die Autorinnen und Autoren all dieser Beiträge bringen nichts Neues mit von ihren Afrikareisen.

Sie bestätigen nur, was sie selbst und die meisten ihrer Leser schon zu wissen glauben.

Das ist erstens langweilig und zweitens irreführend.

Denn das Afrika der meisten Afrikaner sieht ganz anders aus, wie ein Projekt der Academy of Advanced African Studies an der Uni Bayreuth zeigt.

Die Forschenden schreiben auf ihrer Website:

"Afrika wird in deutschen Medien und auch in Schulbüchern und Unterrichtshandreichungen oft in stereotyper und veralteter Weise dargestellt. (...)

Bis heute lernen junge Menschen in Deutschland wenig über die große Diversität des Nachbarkontinents, über das Alltagsleben jenseits der Krisen, über die boomenden Städte und die wachsenden Volkswirtschaften – ganz zu schweigen von den Hoffnungen und Zukunftsträumen von (jungen) Menschen in Afrika."

Klischees vergiften Millionen von Texten

Natürlich ist das Problem mit den Klischees nicht auf Beiträge über Afrika beschränkt.

Stereotype lauern in jedem Thema. Sie bedrohen potentiell jeden Text.

Wenn es ein Klischee in Ihren Text geschafft hat, macht es ihn in jedem Fall langweiliger.

Im schlimmsten Fall verzerrt es das Bild von der Wirklichkeit so stark, dass Sie Ihr Publikum schlicht falsch informieren.

Wenn Sie zu denen gehören, die die Welt interessant, exakt und glaubwürdig beschreiben wollen, empfiehlt es sich, die Klischees in Ihrem eigenen Kopf zu erkennen und dahinter zu blicken.

So kann das gelingen:

Anti-Klischee-Tipp Nr. 1: Werden Sie sich der Klischees bewusst!

Listen Sie vor dem Schreiben alle Klischees auf, die Ihnen zu Ihrem Thema in den Sinn kommen.

Angenommen, Sie planten einen Reisetext über die Seychellen, welche Klischees fallen Ihnen dazu ein?

Schneeweise Strände, atemberaubende Sonnenuntergänge, Palmen, glasklares Wasser und große Nüsse in der Form eines weiblichen Gesäßes?

Gut. Dann tun Sie Ihren Leserinnen und Lesern einen Gefallen und schreiben Sie einen Text, der ohne schneeweise Strände, atemberaubende Sonnenuntergänge und wie Hintern geformte Nüsse auskommt!

"


Dem erbärmlichen Geist ist es zu eigen, stets nur Klischees und niemals eigene Einfälle zu verwenden.


Hieronymus Bosch 

Anti-Klischee-Tipp Nr. 2:  Konkretisierung pulverisiert jedes Klischee!

Ich habe für das "Coburger Tageblatt" einmal einen Bürgermeister porträtiert – und meine Leserinnen und Leser damit vermutlich zu Tode gelangweilt.

Nach mehreren Jahrzehnten im Amt, hatte der Mann die gesetzliche Altersgrenze erreicht. Bei der nächsten Wahl würde er nicht mehr antreten dürfen. Ruhestand war angesagt.

Was fragt man jetzt so einen zukünftigen Ex-Bürgermeister, den es zu porträtieren gilt?

Unter anderen stellte ich ihm diese Frage:

"Was machen Sie den jetzt mit all der freien Zeit, die Sie bald haben werden?"

Als hätte er nur auf diese Frage gewartet, antwortete der Bürgermeister ein wenig von sich selbst gerührt, er werde seiner Familie bald ganz viel Zeit zurückgeben.

So stand es in meinem Porträt.

Und das ist: LAAAAANGWEIIILIG!

Weil das so gut wie jeder Mann in der gleichen Situation antworten wird.

Mit anderen Worten: Ich habe meinem Publikum ein fettes Klischee unter die Nase gerieben.

Sie erfuhren aus meinem Text nichts, was sie sich nicht selbst hätten denken können.

Was hätte ich stattdessen tun müssen?

Genau! Ich hätte meinen Gesprächspartner zum Konkretisieren zwingen müssen.

"Mit wem wollen Sie denn jetzt mehr Zeit verbringen?"

"Was genau haben Sie vor?"


Hätte ich solche Fragen gestellt, hätte ich einen interessanteren Text schreiben können.

Meine Leserinnen und Leser hätten daraus etwas Neues erfahren.

Vielleicht, dass der Ex-Bürgermeister mit seiner Enkelin angeln gehen wird.

Oder, dass er vorhat, mit seinem Sohn nach Lappland zu reisen...

Wenn Sie das nächste Mal eine Klischee-Frage stellen, werden Sie merken, dass Sie darauf eine Klischee-Antwort bekommen.

Und dann töten Sie das Klischee!

Bohren Sie tiefer!

Lassen Sie nie wieder einen Interviewpartner mit einer Klischee-Antwort durchkommen!

Holen Sie sich die konkreten Antworten!

Wie heißt die Enkelin Ihres Interviewpartners? Wie alt ist sie? Haben die beiden schon mal zusammen einen Fisch gefangen? Was denn für einen?...

Spüren Sie die Kraft des Konkreten?

Entfesseln Sie sie in Ihren Texten!


"


Wenn Sie ein Adjektiv sehen, bringen Sie es um!


Mark Twain 

Anti-Klischee-Tipp Nr. 3: Show, don't tell!

„Jeder einzelne Sonnenuntergang auf den Seychellen ist ein unvergessliches Erlebnis.“

Mag sein. Aber in diesem Satz hat nur einer ein unvergessliches Erlebnis: sein Autor.

Nur er wird beim Schreiben einen konkreten Sonnenuntergang vor sich sehen, nämlich einen,  den er auf den Seychellen selbst erlebte.

Wer solch einen Sonnenuntergang noch nie genossen hat, erlebt in dem oben zitierten Satz rein gar nichts.

Weil der Autor nur abstrakte Schlüsse formuliert.

Anstatt sein Publikum den Sonnenuntergang erleben und selbst staunen, denken und fühlen zu lassen, speist er es mit wertenden Adjektiven ab. Ein unvergessliches Erlebnis? Wohl kaum.

Dabei können Texte derartige Erlebnisse, Erfahrungen und Gefühle sehr wohl vermitteln. 

Nur müssen sie dafür konkret werden. Sonst bleiben sie einmal mehr im Klischee hängen.

Damit Leserinnen und Leser den Sonnenuntergang nachempfinden können, muss der Text ihnen buchstäblich vor Augen führen, wie die Sonne auf den Seychellen untergeht.

Der Autor müsste so konkret er nur kann ZEIGEN, was er sah, hörte, fühlte oder roch, als die Sonne unterging.

Vielleicht so:

"Und dann fiel die gelbe Feuerscheibe hinter den glutroten Horizont. Fast so schnell wie ein Zwei-Euro-Stück ins Sparschwein fällt. Zurück blieben nur die Hitze in unseren Gesichtern und das sanfte Tosen des indischen Ozeans."

Wenn Sie so über den Sonnenuntergang schreiben, können ihn die Leserinnen und Leser ein Stück weit selbst erleben.

Denn Lesen ist Assoziieren. Die besten Texte veranstalten Kino im Kopf.

"Show, don´t tell!", lautet der Merksatz dahinter.

Er funktioniert auch bei weniger romantischen Themen:

Vielleicht wollen Sie mit Ihren Texten zeigen, wie innovativ Ihr Unternehmen ist, wie kompetent seine Mitarbeiter sind und wie nachhaltig deren Lösungen wirken.

Wenn Sie das glaubhaft und überzeugend machen wollen, sollten Sie in diesen Texten auf abstrakte und ausgelutschte Adjektive und Adverbien wie innovativ, kompetent und nachhaltig unbedingt verzichten!

Wertende Adjektive gehören zu den Quotenkillern. Das sind sprachliche Mängeln, die Leser nachweislich in Scharen aus Texten vertreiben. Der schlimmste aller Quotenkiller ist das Zitat.

Aber das ist eine andere Geschichte...


Was halten Sie von diesen Ideen gegen Klischees in Texten? Schreiben Sie Ihre Meinung gleich hier unten in die Kommentarspalte!

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Schreibtipps

Lesbarkeit verbessern: So schreiben Sie leicht verständliche Texte

Viele Texte sind auf den ersten Blick kaum zu verstehen. Ein bisschen Wissenschaft hilft Ihnen, es ganz einfach besser zu machen. 

Schwer verständliche Texte haben es schwer – Leserinnen und Leser meiden sie wie die Pest. Und Google kann sie auch nicht leiden.

Aber wie schreibt man so, dass andere einen mühelos verstehen?

Als ich mir diese Frage zum ersten Mal stellte, war ich überrascht, die hilfreichsten Antworten ausgerechnet in einem Lehrbuch deutscher Wissenschaftler zu finden.

An der Universität hatte ich nämlich die befremdliche Erfahrung gemacht, dass ich wissenschaftliche Theorien oft schneller begriff, wenn ich sie mir anstatt in meiner Muttersprache auf Englisch reinpfiff.

Bis heute machen mir amerikanische Wissenschaftstexte in der Regel mehr Spaß als deutsche.

Das liegt wohl daran, dass man es Forschenden in Amerika hoch anrechnet, wenn sie die Ergebnisse ihrer Arbeit  interessant und leicht verständlich präsentieren.

An deutschen Hochschulen gelten interessante und leicht lesbare Texte immer noch vielen als unwissenschaftlich. 

Ein bisschen bizarr ist das schon, oder? – Aber ich schweife ab.

Das Buch, von dem ich hier berichten will, heißt "Sich verständlich ausdrücken". Es ist 1973 zum ersten Mal erschienen und noch immer hilfreich wie am ersten Tag.

"Sich verständlich ausdrücken" – der Klassiker der Verständlichkeitsforschung

In diesem Longseller haben die Psychologie-Professoren Inghard Langer, Friedemann Schulz von Thun und Reinhard Tausch von der Uni Hamburg alles aufgeschrieben, was Sie wissen müssen, um die Lesbarkeit und Verständlichkeit Ihrer Texte zu verbessern.

Sie müssen dieses Buch nicht lesen. Fürs Erste reicht es völlig, wenn sie diesen Artikel bis zum Ende lesen.

Um herauszufinden, was die Lesbarkeit von Texten verbessert, traktierten die Hamburger Wissenschaftler Testleserinnen und Testleser mit verschiedenen Sachtexten.

Die Texte transportierten jeweils den gleichen Inhalt, waren aber unterschiedlich formatiert und unterschiedlich formuliert.

Eine Gruppe von Probanden schätzte ein, wie stark auf einen bestimmten Text bestimmte Eigenschaften zutrafen – zum Beispiel, ob er eher übersichtlich sei oder eher unübersichtlich.

Eine zweite Gruppe las die Texte mit dem Auftrag, sich möglichst viel vom Inhalt zu merken.

Je mehr Informationen die Testleser behalten konnten, so die Annahme der Forscher, desto verständlicher der zugrundeliegende Text.

Mit Hilfe einer Faktorenanalyse (das ist ein statistisches Rechenverfahren) identifizierten Langer, Schulz von Thun und Tausch vier Stellschrauben, an denen Sie drehen können, um die Lesbarkeit Ihrer Texte zu erhöhen.

Albert Einstein

Albert Einstein

"Wenn du es nicht einfach erklären kannst, hast du es nicht gut genug verstanden."

Stellschraube 1: EINFACHHEIT erhöht die Lesbarkeit von Texten

Die erste dieser Stellschrauben ist die Einfachheit.

Wenn Sie verstanden werden wollen, müssen Sie es Ihren Leserinnen und Lesern einfach machen.

Hört sich banal an, oder?

Und trotzdem kriegen das ganz viele nicht hin.

Wahrscheinlich, weil ihnen der Mut fehlt, einfach hinzuschreiben, was es zu sagen gibt. Je mehr Zeit Sie an einer Hochschule verbracht haben, desto schwerer wird Ihnen das fallen.

Die hier beschworene Einfachheit hat drei Dimensionen: Inhalt, Wortwahl und Satzbau.

Einfachheit im Inhalt

Es ist ein weit verbreitetes Bedürfnis, in einem Text möglichst viel zum jeweiligen Thema zu sagen.

In der Schule sind wir damit prima gefahren.

Aber im richtigen Leben wollen Leserinnen und Leser so gut wie nie möglichst viele Informationen.

Oder hätten Sie gern noch mehr Informationen in Ihrem Postfach und auf Ihrem Schreibtisch?

Wir haben kein Problem mit zu wenig Informationen.

Das Problem ist, dass wir in Informationen ersticken!

Leicht verständliche Texte haben deshalb eine klare Botschaft.

Die Betonung liegt auf EINE!

Sorgen Sie also dafür, dass Ihr Text eine Quintessenz hat, ein Ergebnis, das Ihr Publikum brauchen kann!

Stellen Sie sicher, dass Ihre Leserinnen und Leser diese zentrale Botschaft mitnehmen. Am besten schreiben Sie sie einfach drüber.

Im Fließtext liefern Sie nur noch die Informationen, die Ihre Leser wirklich brauchen, um diese Botschaft zu verinnerlichen. 

Einfachheit in der Wortwahl:

Niemand liest Silbe für Silbe. Wir nehmen ganze Wortgruppen auf einmal wahr.

Je schneller das geht, desto höher ist die Lesbarkeit des jeweiligen Textes und desto angenehmer ist er zu lesen.

Schnell geht es aber nur, wenn Sie Worte verwenden, die Ihren Leserinnen und Lesern ins Hirn flutschen.

Lesen Sie folgende Zeilen bitte so schnell Sie können!

Bei mchanen Weörrtn ist das gnaz encifah: Buam, Mhäedcn, Wrot oder Wrsut. Sieriwcgher wrid es, wnen der Txet Wertör ehätnlt, die ggeen das Gobet der Ecahnhefiit vtosßreen: Fäiswkrnutenüawhuncchsgngerfuhng zum Bspiieel oedr Kyonslikationgspomchumoe.

Merken Sie was? Um die Lesbarkeit Ihrer Texte zu erhöhen, sollten Sie einfache, möglichst kurze Wörter verwenden. Nicht nur, weil die leichter zu verstehen sind, sondern auch, weil sie viel schneller zu lesen sind.

Lange Wörter bremsen uns beim Lesen aus. Sie machen den Text zäh und ermüden das Publikum.

Schreiben Sie also nicht Gefahrenpotential! Schreiben Sie Risiko!

Und wenn in Ihrem Text Psychologie-Professoren vorkommen, vergessen Sie den Bindestrich nicht!

Einfachheit im Satzbau:

Um Fachbegriffe kommen Sie in manchen Texten nicht herum. Sofern Ihr Publikum aus Fachleuten besteht, ist das auch kein Problem.

Was Sie dagegen immer und für jedes Publikum vermeiden müssen, wenn Sie Texte von hoher Lesbarkeit produzieren wollen – das gilt sogar für Leserinnen und Leser mit mehreren Doktortiteln – sind Sätze (genauer gesagt: Schachtelsätze) wie diesen hier, der einen Nebensatz an den nächsten reiht, und sein Ende erst nach vielen Kommata, Gedankenstrichen und Klammer-Konstruktionen zu finden im Stande ist.

Kurt Tucholsky empfahl: "Hauptsachen gehören in Hauptsätze!"

Halten Sie sich an diese einfache Regel! Und schreiben Sie schnell!

Dann schreiben Sie ganz automatisch glasklare Sätze, die sofort zu verstehen sind.

Stellschraube 2: ORDNUNG erhöht die Lesbarkeit von Texten

Manche Texte kippen ihre Informationen und Argumente wie Kraut und Rüben vor ihrem Publikum aus.

Weil die Autorinnen und Autoren keine Ordnung in den Text gebracht haben, müssten die Leserinnen und Leser sich diese Mühe machen.

Machen sie aber nicht.

Wenn sie die Wahl haben, zum Beispiel als User im Internet, lesen sie wirre, schwer verständliche Texte einfach gar nicht.

An der Uni oder an unserem Arbeitsplatz haben wir oft keine Wahl: Wir müssen herausfinden, was uns der Text mit seinem Wirrwarr sagen will. Weil wir Noten dafür bekommen oder Schmerzensgeld.

Also suchen wir mühsam zusammen, was zusammengehört, um irgendwann zwischen den wahllos aneinandergereihten Gedanken vielleicht einen Krümel Sinn zu finden.

Wenn Sie schreiben, sollten Sie Ihren Leserinnen und Lesern diese Mühe ersparen.

Klären Sie, welchen Zweck Sie mit Ihrem Text verfolgen und wählen Sie für Ihre Gliederung das Strukturprinzip, das diesem Zweck am besten dient.

Sie kennen keine Strukturprinzipien für Texte? Wenn Sie regelmäßig schreiben, sollten Sie das schleunigst ändern. Sonst arbeiten Sie wie die Architektin, die keine Strukturprinzipien für Häuser kennt.

Struktur ist gut. Noch besser ist, wenn Ihr Publikum die Struktur Ihres Textes auf einen Blick erkennt.

Machen Sie die Gliederung Ihres Textes im Layout sichtbar!

Gönnen Sie jedem neuen Gedanken einen Absatz und jedem Gliederungspunkt eine Zwischenüberschrift. (Siehe Kasten!)

Stellschraube 3:  Prägnanz verbessert die Lesbarkeit

Die wahrscheinlich wichtigste Regel für guten Schreibstil lautet:

Mach's kurz!

Niemand ist Ihnen böse, wenn es schnell geht. Nur sehr selten denken Menschen am Ende eines Textes: "Och, Schade, schon vorbei!"

Für manchen Roman mag das gelten. Aber schreiben Sie Romane?

Ihre Leserinnen und Leser haben eines gemeinsam: Sie haben weder Zeit noch Lust, sich durch überfrachtete Texte zu quälen.

Lassen Sie deshalb alles Überflüssige weg!

Egal, ob Sie an einer Beschlussvorlage für den Aufsichtsrat sitzen, an einem Artikel fürs Mitarbeitermagazin oder an einer Gebrauchsanweisung – geizen Sie mit Worten, streichen Sie jede Silbe, die keinen Sinn transportiert! Machen Sie Füllwörtern den Garaus!

Ihr Text wird dadurch nicht nur schlanker, sondern auch klarer. 

Die Leserinnen und Leser müssen nicht erst all das Sprachgestrüpp wegschlagen, um zum Sinn vorzudringen.

"Wenn es möglich ist, ein Wort zu streichen – streiche es!"

GEorge Orwell

Stellschraube 4:  Beispiele, Bilder und Grafiken verbessern die Lesbarkeit

Damit sind wir bei der letzten der vier Stellschrauben, mit denen Sie die Lesbarkeit Ihrer Texte erhöhen. 

Langer, Schulz von Thun und Tausch nennen diesen Faktor der Verständlichkeit "Anregende Zusätze" und meinen damit Beispiele, Bilder und Grafiken.

Ein Bild sagt oft tatsächlich mehr als tausend Worte. Das gleiche gilt für Grafiken – wenn sie gut gestaltet sind. 

Und ein abstraktes Thema wird sofort anschaulich und begreifbar, wenn Sie es mit Beispielen verdeutlichen.

Haben Sie mal versucht, einem Vierjährigen abstrakte Begriffe wie Natur oder Unwohlsein zu erklären? 

In so einem Fall werden Sie intuitiv Beispiele bringen: 

"Die Sonne, der Baum, die Wiese und das Eichhörnchen – das alles gehört zur Natur", werden Sie sagen. "Und Unwohlsein bedeutet, dass dir vielleicht der Kopf weh tut und du Bauchschmerzen hast."

Wenn Sie über abstrakte Themen schreiben, werden Beispiele, Bilder und Grafiken auch Ihrem Publikum helfen Sie besser zu verstehen.   


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Schreibtipps

Niemand braucht Talent zum Schreiben

Glauben Sie, Ihnen fehle das Talent zum Schreiben? Dann sind Sie auf dem Holzweg. Talent brauchen Sie garantiert nicht für gute Texte.

Fallen Sie nicht auf Ihre eigenen Ausreden herein! Oder auf die Bewertungen Ihrer Deutschlehrer.

In meinem Job als Schreibcoach begegnen mir ständig Menschen, die das tun und deshalb womöglich nie lernen, schnell gute Texte zu schreiben.

Diese Leute sagen, sie hätten kein Talent zum Schreiben.

Sobald sie merken, dass ihnen das Schreiben nicht mühelos von der Hand geht, schieben sie es auf ihr fehlendes Talent. Und geben auf.

Es mag schon sein, dass Sie kein Talent haben.

Aber wissen Sie was? Sie brauchen auch keins.

Viele Forschende zweifeln inzwischen daran, dass es so etwas wie Talent überhaupt gibt.

Kritiker dieser These führen regelmäßig Mozart als Gegen-Beispiel an.

Hatte Mozart ein gottgegebenes Talent? Oder einfach eine perfekte Lernumgebung?

Wolfgang Amadeus Mozart galt als Wunderkind. Seine ersten Musikstücke komponierte er mit fünf!

Bis er im Alter von 35 Jahren starb, schuf er Hunderte von Werken. Einige davon zählen zum Vollkommensten, was die Menschheit zu Wege gebracht hat.

Niemand bestreitet, dass Mozart ein Meister seines Fachs war.

Aber verdankte er das seinem Talent?

Oder hat er seine Meisterschaft auf dem üblichen Weg erlangt: durch beharrliches, sehr effektives Training?

Wenn man auf Mozarts Biografie blickt, ist die Antwort offensichtlich.

Thomas Alvwa Edison

"Genie ist ein Prozent Inspiration und neunundneunzig Prozent Transpiration."

Sein Vater Leopold war selbst als Komponist und Musiker erfolgreich. Noch mehr als die Musik selbst interessierte ihn die Frage, wie man Kindern beibringt, virtuos zu musizieren.

Darin war Leopold Mozart ein Meister. Und Wolfgang Amadeus war – ob er wollte oder nicht – von Kindesbeinen an sein Schüler.

Leopold Mozarts „Versuch einer gründlichen Violinschule“ ist bis heute populär. Bei Amazon können Sie sich dieses fast 300 Jahre alte Buch für 21,50 Euro bestellen. Kunden bewerten es mit 4,5 von 5 Sternen. 

Als Wolfgang Amadeus Mozart drei Jahre alt war, hörte Leopold auf, selbst zu komponieren. Stattdessen unterrichtete er seinen Sohn. Fast zwei Jahrzehnte lang. Jeden Tag.

Übrigens hat Wolfgang Amadeus mit fünf nicht wirklich selbst komponiert, sondern die Musik anderer neu kombiniert. Und bevor irgendjemand diese kleinen Meisterwerke zu sehen oder zu hören bekam, hat Vater Leopold sie eigenhändig überarbeitet.

Mozarts erstem eigenständigen Werk von Weltrang, dem Klavierkonzert Nr. 9, gingen 18 Jahre täglichen Trainings unter der Anleitung eines exzellenten, sehr erfahrenen und extrem ehrgeizigen Musikpädagogen voraus.

Auf jahrelangen Konzert-Reisen quer durch Europa kam der junge Mozart zudem in Kontakt mit den größten Musikern und Komponisten seiner Zeit.

Schreiben kann man nicht. Man lernt es – ein Leben lang.

Unter solchen Voraussetzungen hätte selbst ich gelernt, vorzeigbar Klavier zu spielen. Meinen Sie nicht?

Mit all dem will ich Mozarts Meisterschaft nicht schmälern.

Ich will nur sagen, dass Talent als Voraussetzung für Spitzenleistung völlig überschätz wird.

Für unser Thema heißt das: Sie brauchen kein Talent zum Schreiben. Jede(r) kann lernen, fabelhafte Texte zu produzieren.

Wenn Sie sich mit weniger als Weltruhm begnügen, werden Sie dafür auch keine 18 Jahre brauchen.

Alles was Sie brauchen, sind Motivation, Know-how, Übung – und ein bisschen Mut.

Motivation: Sie müssen gute Texte schreiben wollen. Darum müssen wir uns wohl keine Sorgen machen. Sonst hätten Sie diesen Text nicht bis hierhin gelesen.

(Sollten Sie im Verlauf unserer Bekanntschaft doch einmal in ein Motivationsloch fallen, bin ich gerne bereit, Ihnen einen Tritt in den Hintern zu geben.)

Know-how: Um schnell gute Texte produzieren zu können, brauchen Sie Handwerkszeug. Sie müssen die Techniken, Methoden und Strategien kennenlernen, die auf kurzen Wegen zu herausragenden Texten führen.

Genau darum wird es in diesem Blog immer wieder gehen.

Training: Zu wissen, wie es geht, reicht nicht. Sie müssen das Schreiben üben – und zwar regelmäßig, effektiv und womöglich für den Rest Ihres Lebens.

Talent zum Schreiben wird überschätzt. Aber Mut brauchen Sie.

Viele schreiben zwar täglich. Aber dabei trainieren sie immer das Gleiche, oft genau das, was sie ohnehin längst beherrschen und manchmal schlicht das Falsche.

Effektives Schreibtraining sieht anders aus.

Dafür müssen Sie auch dorthin gehen, wo's wehtut. Sie müssen fremdes Terrain erkunden und Neues wagen. 

Wenn Sie gute Texte schreiben wollen, brauchen Sie neben Motivation, Know-How und Training vor allem eines: Mut. 

Haben Sie Mut?


P.S.: Die Fehleinschätzung, man brauche Talent zum Schreiben, ist nur eine von "Sieben typischen Hürden auf dem Weg zu guten Texten". Viel Freude beim Weiterlesen!

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